TK: Herr Prof. Dr. Kaiser, TK-Versicherte können ab Juni bei Ihnen eine Magnetresonanztomografie (MRT) der Brust durchführen lassen, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Welche sind das und was sind die Vorteile der Untersuchung?

Prof. Dr. Clemens Kaiser: Neu - und damit besonders hervorhebenswert - ist die Anwendung der Mamma-MRT (auch MR Mammographie) bei Frauen mit dichter Brust, so wie es die europäische Leitlinie European Society of Breast Imaging übrigens auch seit kurzem empfiehlt. Bei diesen Frauen ist das Krebsrisiko leicht erhöht. Gleichzeitig ist die Beurteilbarkeit und damit die Möglichkeit mit bisherigen Methoden wie Röntgen-Mammographie und Ultraschall, Brustkrebs zu entdecken, deutlich reduziert, so dass hier viele Karzinome nicht oder zu spät detektiert werden. Für diese Frauen stellt die Mamma-MRT eine gute Lösung dar, um Brustkrebs sicher auszuschließen oder im Frühstadium zu entdecken. Auch Frauen mit einem erhöhten familiären Risiko, einem Mammaimplantat oder mit einem unklaren Befund beim gesetzlichen Screening erfüllen die Voraussetzung für die Untersuchung.

Prof. Dr. Clemens Kaiser

Portrait von Prof. Dr. Clemens Kaiser Das Bild ist noch nicht vollständig geladen. Falls Sie dieses Bild drucken möchten, brechen Sie den Prozess ab und warten Sie, bis das Bild komplett geladen ist. Starten Sie dann den Druckprozess erneut.
Leiter der Mammadiagnostik Universitätsklinikum Mannheim

Eine zweite große Gruppe sind Brustkrebspatientinnen, bei denen beispielsweise eine erneute Erkrankung ausgeschlossen werden soll oder eine Verlaufskontrolle nötig ist. Wir freuen uns sehr, dass durch den nun geschlossenen Vertrag diese TK-versicherten Frauen unsere Leistungen in Anspruch nehmen können.

TK: Sie empfehlen die Untersuchung also insbesondere bei Frauen mit dichtem Brustdrüsengewebe. Woher weiß ich, dass ich zu dieser Gruppe gehöre?

Prof. Kaiser: Fragen Sie Ihre Frauenärztin oder Ihren Frauenarzt oder Begutachtende aus dem Röntgen-Screening, ob Sie dichtes Drüsengewebe haben. Voraussetzung für die MR-Untersuchung ist, dass die Brustdichte einmalig fachärztlich oder durch ein Röntgenbild der Mammographie  festgestellt wurde. Frauen mit den zwei höchsten Dichteklassen C & D bietet die TK deutschlandweit die Möglichkeit, die Diagnostik mittels der Mamma-MRT bei uns durchführen zu lassen. Wenn eine TK-Versicherte also weiß, dass sie zu dieser Gruppe gehört, kann sie unkompliziert alle zwei Jahre einen Termin vereinbaren. Eine zusätzliche Mammographie ist in diesem Fall nicht mehr nötig.

TK: Warum ist die Mamma-MRT nicht Teil des herkömmlichen Brustkrebs-Screenings?

Prof. Kaiser: Die Mamma-MRT galt bislang als zu kostenintensiv, um sie im Screening flächendeckend Frauen in der Früherkennung anzubieten. Es ist wichtig zu verstehen, dass die Untersuchung auf qualitativ höchstem Niveau durchgeführt werden muss, damit ihr volles diagnostisches Potential überhaupt genutzt werden kann. In unerfahrenen Händen führt die Mamma-MRT tatsächlich zu Fehlbefunden und macht die Methode dann auch "zu teuer". Die Expertise war teilweise nur unzureichend vorhanden - auch weil die Mamma-MRT, die es ja eigentlich schon seit über 35 Jahren gibt, nur selten von den Krankenkassen erstattet wurde. Dementsprechend wurden nur wenige Ärztinnen und Ärzte intensiv genug in dieser Methode ausgebildet.

Neueste Studien belegen, dass die qualitativ hochwertige Anwendung der Mamma-MRT in der Vorsorge der "dichten Brust" kurzfristig zwar etwas teurer ist, sich jedoch bereits mittelfristig lohnt, weil Brustkrebs im MRT in einem deutlich früheren Stadium erkannt werden kann und dadurch weniger Kosten in der Behandlung des Krebses anfallen. Wenn also mehr Geld in die frühe Diagnose investiert wird, spart man Therapiekosten. Eine echte WIN-WIN-WIN Situation für Krankenkasse, Behandelnde, und besonders für die Patientinnen.

TK: Mit der sogenannten MA-DETECT-Studie möchten Sie die Grundlage für eine entsprechende Erweiterung des Brustkrebs-Screenings liefern. Wie gehen Sie dabei vor und gibt es schon erste Ergebnisse?

Prof. Kaiser: Die MA-DETECT Studie untersucht bei Frauen mit dichtem Drüsengewebe, die gerade eine unauffällige Mammographie erhalten haben, wie viel Brustkrebs man praktisch nur mit der Mamma-MRT entdecken kann. Zusätzlich wird untersucht, welche Brustkrebsarten das im Speziellen sind und wie groß die Tumoren zum Zeitpunkt der Entdeckung waren. Das ist wichtig, um etwa auf die Änderung der Prognose für diese Frauen schließen zu können. Dennoch ist es noch zu früh, um statistisch relevante Aussagen zu treffen.

TK: Manche Frauen haben Angst vor einer Untersuchung in der MRT-Röhre oder vor Nebenwirkungen durch das Kontrastmittel. Wie können Sie diese beruhigen?

Prof. Kaiser: Kontrastmittel ist ein unersetzbarer Bestandteil einer Mamma-MRT, weil ein MRT der Brust ohne Kontrastmittel keine sicheren Ergebnisse liefern kann. Im MRT enthält dieses Kontrastmittel sogenanntes Gadolinium, das jedoch chemisch je nach Anbieter in unterschiedlicher Darreichungsform angeboten wird. In letzter Zeit gab es sowohl in den Medien als auch in der Wissenschaft eine Diskussion über potentielle Risiken hinsichtlich einiger dieser chemischen Varianten und manche Patientinnen fühlen sich daher verunsichert. Die von uns im Rahmen der Mamma-MRT angewandten Kontrastmittel gelten jedoch als sicher.

Klaustrophobie, also die Angst vor engen Räumen, ist ein bekanntes Phänomen und ganz selten kommt es vor, dass Patientinnen deswegen nicht untersucht werden können. In unserem Zentrum haben wir MRT-Geräte mit größtmöglicher Öffnung, um eben diesen Patientinnen eine Untersuchung zu ermöglichen. Auch die Aussicht auf eine Untersuchungsdauer von unter zehn Minuten hilft diesen Patientinnen oft sehr.

TK: In welchen zeitlichen Abständen ist eine Mamma-MRT sinnvoll?

Prof. Kaiser: Die empfohlenen Untersuchungsintervalle hängen von der jeweiligen Patientengeschichte ab. Bei Frauen mit normalem Brustkrebsrisiko reichen 2-jährliche Kontrollintervalle vollkommen aus. Hintergrund ist hierbei immer, dass potentieller Brustkrebs daran gehindert werden soll, ein frühes Stadium zu überschreiten, in dem Brustkrebs im Wesentlichen ein lokales Problem darstellt und das Überleben der Frau nicht gefährdet ist. Man spricht umgangssprachlich auch davon, den Krebs zu finden, bevor er "gestreut" hat.

TK: Sie haben sich vorgenommen die Brustkrebsvorsorge in Deutschland zu verbessern - wie gehen Sie vor?

Prof. Kaiser: Das Universitätsklinikum Mannheim bietet als Maximalversorger in der Region sowohl für meine wissenschaftlichen Aktivitäten als auch für die Behandlung von komplexen Erkrankungen optimale Möglichkeiten. Wir sind hier ein Standort mit national und international anerkannten Expertinnen und Experten. Das ist auch sehr wichtig für die Folgebehandlung von Patientinnen, bei denen wir Brustkrebs feststellen müssen. Da wollen wir sicher sein, dass diese Frauen in guten Händen sind, zum Beispiel in unserer zertifizierten gynäkologischen oder unserer onkologischen Abteilung. Gefördert von der Hector Stiftung, die sich besonders in der Rhein-Neckar Region einsetzt, haben wir unsere MA-DETECT Studie ins Leben gerufen und nun das Mannheimer MRT-Zentrum für Brustkrebsvorsorge (MMZ) gegründet. Von hier aus wollen wir den Grundstein dafür setzen, die Mamma-MRT für alle Frauen zugänglicher zu machen, während wir gleichzeitig dafür sorgen, dass diese effektive Methode auf qualitativ höchstem Niveau angeboten wird.

Zur Person

Prof. Dr. med. Clemens Kaiser ist ein international anerkannter Experte im Bereich Brustkrebsdiagnostik und leitet die Sektion Mammadiagnostik am Universitätsklinikum Mannheim. Nach einem Studium der Betriebswirtschaft absolvierte er sein Medizinstudium an der Universität zu Köln. Bereits im Jahr 2005 begann er an der Universität Jena mit seiner Forschung an der MRT-Bildgebung der Brust, zusammen mit seinem Vater Prof. Werner Kaiser, dem Pionier der Mamma-MRT. Prof. Clemens Kaiser hat an der Universität Heidelberg zum Thema "Optimierung der MR-Mammographie auf ihrem Weg zur Screening-Methode" habilitiert und publiziert. 2022 legte er den Grundstein für das Mannheimer MRT-Zentrum für Brustkrebsvorsorge (MMZ) am Universitätsklinikum Mannheim.